Unternehmenskauf (Asset Deal)

Der Unternehmenskauf im polnischen Recht

Einführung

Für Unternehmer, die ihre geschäftlichen Aktivitäten nach Polen ausdehnen wollen und dabei auch die Übernahme eines bereits im Markt funktionierenden Unternehmens ins Auge fassen, stellt das polnische Recht zwei Möglichkeiten einer Unternehmenstransaktion zur Verfügung: die Übernahme von Geschäftsanteilen an einer GmbH oder von Aktien einer Aktiengesellschaft als Share Deal oder der Erwerb von sämtlichen Vermögensbestandteilen eines Unternehmens im Rahmen einer einheitlichen Rechtshandlung bzw. von bestimmten Wirtschaftsgütern wie Produktionseinrichtungen, Grundstücken und ausgewählten Anlagen als Asset Deal.

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Definition des Unternehmens im polnischen Recht

Das polnische Recht enthält im Zivilgesetzbuch eine Definition, nach der das Unternehmen eine organisierte Gesamtheit von immateriellen und materiellen Bestandteilen ist, die für die Ausübung einer Gewerbetätigkeit bestimmt sind. Dabei umfasst der Begriff des Unternehmens insbesondere:

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  • die Bezeichnung des Unternehmens oder seiner ausgesonderten Betriebsteile (Firma des Unternehmens),
  • das Eigentum an Immobilien oder beweglichen Gegenständen, darunter Anlagen, Materialien, Waren und Produkte sowie andere dingliche Rechte an Immobilien oder beweglichen Gegenständen,
  • die Rechte, die sich aus Miet- oder Pachtverträgen über Immobilien oder bewegliche Gegenstände ergeben sowie Nutzungsrechte an Immobilien oder beweglichen Gegenständen, deren Grundlagen in anderen Rechtsverhältnissen enthalten sind,
  • Forderungen, Rechte aus Wertpapieren und Geld,
  • Konzessionen, Lizenzen und Genehmigungen,
  • Patente und andere Rechte des gewerblichen Eigentums,
  • Urheberrechte,
  • Betriebsgeheimnisse,
  • Handelsbücher sowie Dokumente, die mit der Ausübung der Gewerbetätigkeit verbunden sind.

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Rechtsfolgen des Unternehmenserwerbs

Unternehmenskaufvertrag

Der Unternehmenskaufvertrag erfasst alles, was das gegenständliche Unternehmen im Sinne des polnischen Zivilgesetzbuches ausmacht, es sei denn, aus dem Unternehmenskaufvertrag oder gesetzlichen Vorschriften ergibt sich etwas anderes.

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Forderungen des Veräußerers

Forderungen des Unternehmensveräußerers auf Zahlung bestimmter Geldbeträge aus bestehenden Verträgen über von ihm gelieferte Waren oder über von ihm erbrachte Dienstleistungen gehören mit zum Unternehmen in der gegenständlichen Bedeutung des polnischen Zivilgesetzbuches. Diese Forderungen werden allein aufgrund des Unternehmenskaufvertrages auf den Erwerber übertragen, es sei denn, dass bestimmte Forderungen aufgrund einer Übereinkunft zwischen Veräußerer und Erwerber von diesem Übergang ausgeschlossen wurden (vgl. Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 18. August 2005, Az.: V CK 104/2005).

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Schulden des Veräußerers

Im Gegensatz dazu gehören die Verbindlichkeiten (Schulden) nicht mit zum Unternehmen in der gegenständlichen Bedeutung des polnischen Zivilgesetzbuches und gehen deshalb nicht allein aufgrund des Unternehmenskaufvertrages auf den Erwerber über, wenn sich dieser Kaufvertrag in seinem Wortlaut nur darauf bezieht, was das polnische Zivilgesetzbuch als Unternehmen ansieht. Es besteht jedoch die Möglichkeit, in den Unternehmenskaufvertrag eine Bestimmung über die Übernahme von Verbindlichkeiten (Schulden) durch den Erwerber aufzunehmen. Für diese Schuldübernahme durch den Erwerber, aufgrund derer der Unternehmensveräußerer von seinen Verpflichtungen befreit wird, bedarf es jedoch der Zustimmung der jeweiligen Gläubiger. Diese vertragliche Bestimmung über die Übernahme von Verbindlichkeiten kann sich entweder auf alle mit dem Unternehmen in Verbindung stehende Schulden beziehen oder auch nur einige ausgewählte zum Gegenstand haben.

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Schuldbeitritt kraft Gesetzes

Nimmt der Unternehmenskaufvertrag hingegen lediglich auf die Definition des Unternehmens im polnischen Zivilgesetzbuch Bezug (ohne Übergang der Verbindlichkeiten/Schulden), kommt es kraft Gesetzes aus Gründen des Gläubigerschutzes zu einem Schuldbeitritt des Erwerbers. Das bedeutet, dass der Erwerber und der Unternehmensveräußerer gesamtschuldnerisch für die mit der Führung des Unternehmens verbundenen Verbindlichkeiten haften, die im Zeitpunkt des Unternehmenserwerbs bestehen. Das betrifft die Verbindlichkeiten, die dem Erwerber bekannt sind. Die Gläubiger (u. a. Lieferanten) können ihre Forderungen – soweit fällig – dann auch auf dem Gerichtswege gegenüber dem Erwerber geltend machen. Diese Verantwortung des Erwerbers ist jedoch auf den Wert des erworbenen Unternehmensvermögens im Zeitpunkt des Erwerbs beschränkt.

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Arbeitsrechtliche Verbindlichkeiten

Der Unternehmenserwerb führt als Betriebsübergang im Sinne der arbeitsrechtlichen Vorschriften dazu, dass der Erwerber als neuer Arbeitgeber in alle Rechte und Pflichten der im Zeitpunkt des Unternehmensübergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse kraft Gesetzes eintritt.

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Haftung für Steuerrückstände

Die polnische Steuerordnung sieht vor, dass der Erwerber eines Unternehmens oder eines organisierten Unternehmensteils mit seinem gesamten Vermögen (persönlich), aber begrenzt auf den Wert des erworbenen Unternehmens, gesamtschuldnerisch mit dem steuerpflichtigen Veräußerer für bis zum Tag des Unternehmenserwerbs entstandene, aber nicht gezahlte Steuern haftet, die mit der Führung der Wirtschaftstätigkeit verbunden sind.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass sich entweder der Veräußerer oder der Erwerber unter Zustimmung des Veräußerers an das zuständige Finanzamt mit dem Antrag wenden können, eine Bescheinigung über die Höhe der rückständigen Steuern des Veräußerers zu erhalten. Unter bestimmten Umständen haftet der Erwerber dann lediglich für die Steuerrückstände, die in dieser Bescheinigung aufgeführt sind.

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Haftung für rückständige Sozialversicherungsbeiträge

Das Gesetz über das System der Sozialversicherungen sieht unter Verweis auf die polnische Steuerordnung vor, dass der Erwerber eines Unternehmens oder eines organisierten Unternehmensteils mit seinem gesamten Vermögen (persönlich), aber begrenzt auf den Wert des erworbenen Unternehmens, gesamtschuldnerisch mit dem Veräußerer für bis zum Tag des Unternehmenserwerbs entstandene, aber nicht gezahlte Sozialversicherungsbeiträge haftet, die mit der Führung der Wirtschaftstätigkeit verbunden sind.

Diese gesamtschuldnerische Haftung des Erwerbers ist jedoch begrenzt auf die Beiträge, die der Veräußerer aufgrund der Ausübung seiner eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit an die polnische Sozialversicherungsanstalt ZUS abzuführen hatte sowie auf den Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag (vgl. Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 05. August 2008, Az.: III UZP 8/2008).

Stand der Informationen: 09. Januar 2015

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Marcin Narloch ist Radca Prawny (polnischer Anwalt) und verfügt über langjährige Erfahrung in der M&A-Beratung zugunsten deutsch- und englischsprachiger Mandanten.

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